Archiv der Kategorie: Food Chemistry

Food law for advanced: Marmelade, Konfitüre, Fruchtaufstrich

Die Kaltmamsell macht Marmeladenbloggen. Ein Anlass für mich, ebenfalls darüber den einen oder anderen Beitrag zu verfassen.

Bis zum Erlass der Konfitürenverordnung 1982 war die Marmeladenwelt in der Bundesrepublik noch in Ordnung. Bis dahin war Marmelade in der Bundesrepublik Deutschland die traditionelle Bezeichnung für einen Brotaufstrich, der aus mit Zucker eingekochten Früchten hergestellt wurde. Alle Früchte konnten zu Ein- oder Mehrfruchtmarmeladen verarbeitet werden. Der Unterschied zur Konfitüre bestand einzig darin, dass bei Konfitüre noch Fruchtstücke erkennbar waren. Doch mit Einführung der Konfitürenverordnung durch die Europäische Gemeinschaft am 26.10.1982 wurde das Marmeladenangebot auf Zitrusfrüchte beschränkt. Um nämlich Verwechslungen in englischsprachigen Raum zu vermeiden, wurden die wörtlichen Übersetzungen des Ausdrucks Marmalade, also auch das deutsche Wort Marmelade ausdrücklich für Zitrusmarmeladen reserviert. Damit haben die Briten einen linguistisch-kulinarischen Sieg über Resteuropa davon getragen. Über ganz Resteuropa?

Nein, ein unbeugsames Alpenland leistete erfolgreich Widerstand und erreichte eine Ausnahmegehmigung, die im Jahre 2004 vom Europäischen Parlament bestätigt wurde.

Dass die Sache dadurch nicht einfacher wird, versteht sich wohl von selbst.

Das ist Orangenmarmelade Dieses Produkt ist auch aus Zitrusfrüchten
hergestellt, aber keine Marmelade
Marmelade - Fruchtaufstrich 003 Marmelade - Fruchtaufstrich 002

Wenn eingekochtes Obst als Marmelade bezeichnet in den Verkehr gebracht wird, unterliegt das Produkt
der Verordnung über Konfitüren und einige ähnliche Erzeugnisse (Konfitürenverordnung – KonfV) und damit müssen bestimmte Bedingungen eingehalten werden. Diese betreffen sowohl die Zusammensetzung als auch die Kennzeichnungselemente.

Bei Produkten, die unter die KonfitürenV fallen, ist z.B. der Fruchtgehalt abhängig von der verwendeten Fruchtart. Nach § 3 der KonfitürenVO ist …

“der Fruchtgehalt durch die Angabe “hergestellt aus … g Früchten je 100 g”

und der Gesamtzuckergehalt durch die Angabe “Gesamtzuckergehalt … g je 100 g”

anzugeben. Genau so und nicht anders. Außerdem sind Konservierungsstoffe in Marmeladen und Konfitüren nicht erlaubt. Bei Fruchtaufstrichen ist der Hersteller bezüglich des Zuckergehaltes und des Fruchtgehaltes frei, Konservierungsstoffe sind erlaubt, der Frucht- und Zuckergehalt kann angegeben werden.

Marmelade, Konfitüre, Fruchtaufstrich 003 Marmelade, Konfitüre, Fruchtaufstrich 002
Marmelade, Konfitüre, Fruchtaufstrich 005 Marmelade, Konfitüre, Fruchtaufstrich 004

Beide fruchtigen Brotaufstriche sind aus der gleichen Menge Zitrus-Früchte hergestellt, aber der eine enthält Konservierungsstoff, der andere eben nicht. Und das Argument, Fruchtaufstriche enthielten mehr Früchte als Zucker ist damit auch widerlegt. Bei Fruchtaufstrichen ist der Fruchtgehalt nicht geregelt, wer wissen möchte, wie hoch der Fruchtgehalt in Marmeladen und Konfitüren sein muss, schaut einmal hier hinein.

Und nicht vergessen: Handelsüblicher Gelierzucker enthält meistens außer Zucker und dem Geliermittel Pektin noch Säuerungsmittel Citronensäure, pflanzliches Öl und Konservierungsstoff Kaliumsorbat. Wer damit seine fruchtigen Aufstriche herstellt, produziert damit weder Konfitüre noch Marmelade sondern- lebensmittelrechtlich gesehen – Fruchtaufstrich.

Food law for beginners: Brotgetreide

Der Meister wundert sich und fragt, ob der Buchweizen als Brotgetreide Tradition hat. Ich denke ja:

Brotgetreide: Buchweizen 001Mit den Mongolen gelangte der Buchweizen aus seiner Heimat dem Amurgebiet im 14. Jahrhunder nach Mitteleuropa und wurde deshalb Heidenkorn genannt. Der zu den Knöterichgewächsen gehörende Buchweizen gedeiht auf armen Böden und fand in den Heidegebieten Nordwestdeutschlands und Hollands Eingang. Noch im 19. Jahrhundert war er die einzige “Mehl” liefernde Pflanze, die auf den kargen Böden der Lüneburger Heide gedieh. Heute wird Buchweizen in der Heide nur noch selten angebaut. Wahrscheinlich deshalb ist der Buchweizen in den Leitsätzen für Brot und Kleingebäck des Deutschen Lebensmittelbuches den Brotgetreiden gleichgesetzt. Und wie man sieht, wird der Buchweizen in seiner usrprünglichen Heimat sogar biologisch angebaut.

Botanisch gesehen, befindet sich die Stärke in den Nüssen, die an Bucheckern erinnern und deshalb den Namen veranlasst haben, wie in der unten abgebildeten geschälten Variante noch gut zu erkennen ist.

Buchweizen 002

Nachtrag 24.05.2009:

Buchweizen enthält kein Gluten (Klebereiweiß) und deshalb eignet sich Buchweizenmehl nicht zum Backen allein. Dafür muss Roggen- oder Weizenmehl beigemischt werden.

Buchweizen besitzt einen nussartigen Geschmack, der durch kurzes Anrösten in der Pfanne noch aromatischer wird.

Der Begriff Getreide ist eine Sammelbezeichnung für landwirtschaftlich kultivierte, einjährige Pflanzenarten, die aus der Familie der Gräser (bot.: Poaceae) stammen und einsamige Früchte tragen. Die Früchte werden als Körner bezeichnet. Das Wort Getreide leitet sich auch dem mittelhochdeutschen “getre-gede”: das, was getragen wird. Vom Felde getragen werden Roggen, Weizen, Dinkel, Gerste, Hafer, Hirse, Mais, Reis und Tricitale (eine Arten-Kreuzung aus Weizen und Roggen).

Während der Buchweizen – wie oben schon erwähnt – den Brotgetreiden gleichgestellt wird, ist das bei den Pseudocerealien Amaranth (Inkaweizen) und Quinoa (Reismelde) nicht der Fall. Sie gehören zu den Fuchsschwanzgewächsen und waren Grundnahrungsmittel der Azteken bzw. Inka.

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Food law for beginners: Das Verfalldatum

Das sind Kürbiskerne,

Kürbiskerne LFGB

das auch

Kürbiskerne AMG

Was ist der Unterschied? Die Kürbiskerne im Bild rechts unten

Kürbiskerne

sind etwas kleiner, aber sonst? Es offenbaren sich auch noch Unterschiede in der Kennzeichnung:

Lebensmittel Kürbiskerne 002 Arzneimittel Kürbiskerne Verfalldatum

Wie jetzt? Erst erkläre ich lang und breit, dass das Mindesthalbarkeitsdatum mit den Worten “mindestens haltbar bis” anzugeben ist und das Verbrauchsdatum mit den Worten “verbrauchen bis” und jetzt steht im rechten Beispiel “verwendbar bis”. Geht das zusammen?

Während Mindesthaltbarkeitsdatum und Verbrauchsdatum für Lebensmittel gelten, weisen die Worte “verwendbar bis” auf das Verfalldatum bei

Lebensmittel Kürbiskerne 001 Arzneimittel Kürbiskerne 004

Arzneimitteln hin, wie die Bilder oben jetzt deutlich machen. Zu dem Produkt rechts gab es auch eine Packungsbeilage mit dem Hinweis:

Sie dürfen das Arzneimittel nach dem auf dem Umkarton und dem Beutel nach „Verwendbar bis“ angegebenen Verfalldatum nicht mehr verwenden. Das Verfalldatum bezieht sich auf den letzten Tag des Monats.

Gesetzliche Grundlage für Arzneimittel ist das Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln(Arzneimittelgesetz – AMG). Wie mir scheint, eine ebenso spannende Lektüre wie das Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch, aber nicht meine Baustelle. Ich “kann” nur Lebensmittel.

Was Lebensmittel sind, steht in Artikel 2 Verordnung (EG) Nr. 178/2002

Definition von „Lebensmittel”
Im Sinne dieser Verordnung sind „Lebensmittel” alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden.
Zu „Lebensmitteln” zählen auch Getränke, Kaugummi sowie alle Stoffe — einschließlich Wasser —, die dem Lebensmittel bei seiner Herstellung oder Ver- oder Bearbeitung absichtlich zugesetzt werden. Wasser zählt hierzu unbeschadet …

Der Hersteller eines Produktes bestimmt, als was er es in den Verkehr bringen will. Das nennt sich auch “objektive Zweckbestimmung”. Ein Produkt kann also sowohl Lebensmittel als auch Arzneimittel sein. Während des Studiums wurde als Beispiel hierfür immer der Fenchelhonig genannt. Die Abgrenzung Arzneimittel/Lebensmittel ist nicht immer so einfach: Wenn bei einem Mittel die Zulassung oder Registrierung mit der Begründung abgelehnt wurde, es handele sich nicht um ein Arzneimittel, so gilt es nicht als Arzneimittel, aber auch noch lange nicht als Lebensmittel.