Meiner “Lieblingsbeschäftigung” – Bügeln – kann ich nur mit Fernsehuntermalung nachgehen. Irgendwann Im September 2009 blieb ich bei einer Wiederholung einer Sendung “So war es damals” oder einer ähnlichen hängen. Mir war Konrad Adenauer nur als erster Kanzler der Bundesrepublik Deutschland im Gedächtnis, aber offensichtlich war er auch ein Tüftler. Er beschäftigte sich mit dem elektrisch beleuchteten Stopfei oder einem elektrisch betrieben Besen, der Ungeziefer entfernen sollte. Für sein “Notzeitbrot”, ein Mais-Gerste-Brot hat er sogar ein Patent: Verfahren eines dem Rheinischen Schrotbrot ähnelnden Schrotbrotes. In diesem Buch ist eine abgeleitete Rezeptur für “Adenauers” Notzeitbrot – Mais-Gerste-Spezialbrot enthalten, die auf die heutige Bäckerei abgestimmt worden ist.
In dem Text zu diesem Brot heißt es:
Diese Brot ist ein echtes Notzeit- und Kriegsbrot. Es wurde währen dun nach den Weltriegen aus den eigentlich nicht backfähigen Getreiden Mais und Gerste gebacken, als Weizen und Roggen für Backzwecke nicht in ausreichendem Maß zur Verfügung standen
Mein Respekt vor dem Erfinder dieses Brotes wächst. Meine Version von
Adenauers Notzeitbrot
ist durchaus essbar, die Optik lässt aber doch sehr zu wünschen übrig. Mit der Abbildung im Buch hat die Krume nun überhaupt keine Ähnlichkeit. Möglicherweise liegt es auch daran, dass ich die im Rezept erforderlichen Gersteflocken wieder durch Gerstemehl ersetzt habe. Für meinen verwöhnten Wohlstandsgaumen ist das Brot dennoch sehr gewöhnungsbedürftig. Wie heißt es in den Anmerkungen zu diesem Rezept:
Natürlich kann ein Maisgerstebrot dieser Arte nicht den Qualitätsansprüchen eines mit den Brotgetreiden Weizen und Roggen hergestellten Brotes standhalten.
Der Aufwand für dieses Brot ist nicht zu unterschätzen. Zunächst wird der nicht backfähige Maisgrieß im Backofen auf dem Blech bei 200 °C – bei mir etwa 20 Minuten – gedarrt, also leicht angeröstet. Anschließend wird ein Maisbrühstück hergestellt, damit ein Teil des Maisgrießes bereits zur Teigbereitung verquollen ist. Sowohl das Darren und das Maisbrühstück verbessern die Qualität und den Geschmack des Brotes. Versäuert wird das Brot mit einem Gerstesauerteig, auch das trägt zur Qualitäts- und Geschmacksverbesserung bei. Meinen Gerste-Sauerteig habe ich aus Roggensauerteig hergestellt. Zur weiteren Geschmacksverbesserung werden noch Brotgewürz (Kümmel, Anis, Fenchel, Koriander u.ä.) empfohlen.
Wer das Brot selbst einmal nachbacken möchte, hier ist das Rezept in Kurzversion:
========== | REZKONV-Rezept – RezkonvSuite v1.4 |
Titel: | Adenauers Notzeitbrot |
Kategorien: | Backen, Brot, Gerstesauerteig |
Menge: | 1 Brot |
Zutaten
H | BRÜHSTÜCK | ||
100 | Gramm | Maisgrieß, gedarrt | |
50 | Gramm | Gersteflocken | |
200 | ml | Wasser, heiß | |
H | GERSTE-SAUERTEIG | ||
7 1/2 | Gramm | Roggensauerteig | |
75 | Gramm | Gerstemehl | |
60 | ml | Wasser | |
H | TEIG | ||
350 | Gramm | Brühstück | |
137 | Gramm | Gerste-Sauerteig | |
100 | Gramm | Maisgrieß, gedarrt | |
50 | Gramm | Gerstemehl | |
50 | Gramm | Reismehl | |
50 | Gramm | Weizenkleie | |
25 | Gramm | Maltodextrin (Apotheke) | |
3 1/2 | Gramm | Trockenhefe entsprechend 12,5 g Frischhefe | |
9 | Gramm | Salz | |
1 | Gramm | Brotgewürz | |
90 | Gramm | Wasser, ca |
Quelle
abgewandelt nach: Franz Steffen: Spezialbrote |
Erfasst *RK* 12.09.2010 von | |
Ulrike Westphal |
Zubereitung
Für das Brühstück das Getreide mit kochendem Wasser übergießen und 2-4 Stunden stehen lassen.
Die Zutaten für den Gerstesauerteig miteinander verkneten und ca. 15 h reifen lassen.
:Teigausbeute, theor.: 170
:Teigtemperatur, °C: 27-28
:Teigruhe, min.: 20
:Teigeinlage, g: 880
:Zwischengare, min.: 0-5
:Kneten
:Spiralkneter, min.: 4
:Schnellkneter, min.: 9
:Langsamkneter, min.: 15
:Stückgare Temperatur, °C: 30-35
:Rel. Luftfeuchte, %: 75-80
:Zeit, min.: 40-50
:Backen
:Schwaden: normal
:Backtemperatur, °C: 220, fallend auf 200
:Backen, min.: 75
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Dieses Brot ist mir immer wieder in der Literatur über Konrad Adenauer begegnet. Ich meine mich zu erinnern, dass von Soja die Rede war(…?). Besonders verlockend fand ich die Beschreibungen wirklich nie. Na ja, ist halt als Kriegsnahrung gedacht. Trotzdem finde ich es bewundernswert, dass Du es ausprobiert hast.
REPLY:
Soja? In der Patentvorschrift steht was von Tapioka aber nix von Soja
“Eigentlich nicht backfähig” – okay, danach sieht es auch aus.
Dann doch lieber Getreidebrei.
Respekt, daß Du Dir die Mühe gemacht hast.
Mir fällt auf, das man praktisch keine Lockerung sehen kann. Ist da was schief gelaufen oder ist as im Original auch so?
Bei dem Brot setze ich aus ;-)
sieht etwas speckig aus, aber in Notzeiten würde ich es essen.
REPLY:
Es ist gelockert, aber das fällt durch die sehr feuchte Krume nicht auf. Auch gelockerter solltest du das nicht in dein Repertoire aufnehmen ;-)
In Notzeiten …
… sicher essbar, sieht aber auch so aus, als läge es schwer im Magen.
Der gute Herr Adenauer erfand übrigens auch die Sojawurst für Notzeiten.
So sah mein erstes Brot aus, dass ich glutenfrei versucht habe…. Nach und nach wurden die Ergebenisse besser…. Vielleicht besteht noch Hoffnung für Adenauers Brot.
Du bist ja eine der Brotbackköniginnen und es ist ja auch sehr löblich, dass du dir soviel Mühe gemacht hast. Aber hier möchte ich lieber auf Alternativen zurückgreifen.
Ich habe das fuer Glutenunvertaregliche mit halb Reis und halb Maismehl, Wasser Salz und Trockenhefe probiert (Sauerteig gibt es in Chile nicht, nicht dass ich wuesste). Vom Geschmack her ok, aber der Teig geht nicht so wie mit dem Weizen und anderen glutenhaltigen Mehlsorten. Erst gieng das Ding hoch wie nix, dann wieder zusammen und die Masse hatte nicht die schoenen Blaeschen – sah aus wie auf dem Foto nur etwas weisser da ja nur Reis und Maismehl verwendet wurden. Immerhin, da es seit Wochen kein glutenfreies Brot gab, hat das super geschmeckt wie bei Robinson Crusoe nach 5 Jahren ohne Brot auf der Insel.
Nun, es ist ja hinlänglich bekannt, dass es schwierig ist, ohne Gluten ein ähnliches Backergebnis wie bei Glutenbroten zu erzeugen. Mir ist es ja schon mit den im Roggen enhaltenen Pentosanen bei diesem nicht geglückt ;-)
Meinen Sauerteig habe ich vor Urzeiten selbst angesetzt, das dürfte auch in Chile klappen, denke ich.