@Kuechenlatein hm ok… Warum bleibt denn aber zB dein Schokoeis ganz ohne Zugabe dieser Zutaten cremig?
— Julia (@ChestnutSage) 4. Mai 2014
@YlvaZuckerwatte ich hab nur ein Rezept für eines das "bogglhart" wird wenn es in der Gefriertruhe war…
— Julia (@ChestnutSage) 4. Mai 2014
Die Frage, was gegen “bogglhartes Eis” hilft, treibt so manchen Foodblogger um. “Schuld” daran ist das im Eis enthaltene Wasser, das beim Gefrieren aushärtet. Je nach Größe der Wasserkristalle werden diese als störend empfunden. Die Cremigkeit des Eises wird durch die Trockensubstanzen (Fett, Bindemittel, Früchte, Zucker) beeinflusst. Hier ist es jedoch wichtig, ein ausgewogenes Verhältnis zu finden: Sind zu wenig Trockenbestandteile im Eis vorhanden, wird nicht genügend Wasser gebunden und die Eiskristalle werden zu groß. Die großen Eiskristalle verleihen dem Eis die raue und harte Konsistenz.
Wer aber jetzt denkt viel hilft viel, irrt, denn zu viele Trockenbestandteile machen das Eis sandig. Idealerweise liegt bei Eis der Gehalt an Trockensubstanzen bei 32 bis 38 %, in Italien gelten 40 % Trockensubstanz als optimal.
Jetzt müssen wir nur noch den Dreisatz beherrschen und rechnen ein wenig herum und vergleichen die Trockensubstanzgehalte von Lea Linsters Schokoladeneis und dem Erdbeereis mit Crème fraîche.
Die Trockenmassegehalte habe ich Der kleine Souci/Fachmann/Kraut. Lebensmitteltabelle für die Praxis *, dem kleinen Bruder des Standardwerkes Souci Fachmann Kraut * entnommen.
Beide Eissorten liegen – was die Trockensubstanz anbelangt – im Idealbereich, jedoch ist das Schokoladeneis viel schlotziger cremiger als das Erdbeereis, wenn es aus der Truhe kommt. Ein Blick auf die Fettgehalte in der Trockenmasse gibt den Aufschluss. Fett bindet eben nicht so viel freies Wasser, wie z.B. Zucker oder andere Trockensubstanzen.
Was kann der geneigte Foodblogger also tun, um die gleiche Cremigkeit zu erreichen?
Er kann mit den Zuckerarten spielen. Wird ein Teil (bis zu 20 %) des haushaltsüblichen Zuckers z.B. durch Traubenzucker (Dextrose) ersetzt, wird zum einen der Gefrierpunkt erniedrigt. Zum anderen wird der Trockensubstanzanteil erhöht, weil Traubenzucker eine geringere Süßkraft hat als Saccharose und zum Erreichen der gleichen Süßkraft mehr Traubenzucker zugesetzt werden muss. Für das Erdbeereisrezept würden dann 160 Gramm Zucker und 50 – 80 Gramm Traubenzucker (Süßkraft von Traubenzucker 0,5 – 0,8 gegenüber von Saccharose) zum Einsatz kommen. Damit würde der Trockensubstanzgehalt für das Erdbeereisrezept bis auf 38,9 % erhöht.
Auch Laktose, die wenig süß schmeckt und bei der Eisherstellung als Füllstoff eingesetzt wird, kann das Wasser binden. Rein rechnerisch reichen 9% Laktose aus, um den für Eis optimalen Wassergehalt zwischen 62 und 65 % zu binden, der Laktoseanteil und auch der Anteil an Trockensubstanz kann durch Zusatz von Magermilchpulver erhöht werden.
Inulin – einer probiotische Pflanzenfaser und Ballaststoff, wie hier propagiert wirkt ebenfalls als Füllstoff und bindet viel Wasser. Allerdings sollte man damit vorsichtig sein. Inulin wird im Dünndarm mangels des Enzyms Inulinase nicht resorbiert, sondern im Enddarm von Bakterien zu kurzkettigen Fettsäuren umgebaut. Die dabei gebildeten Gase können bei empfindlichen Menschen zu Flatulenzen führen.
Eine weitere Möglichkeit, Wasser zu binden, ist der Einsatz von Bindemitteln wie Guarkern- und/oder Johannisbrotkernmehl, das bis zu 400 % seines Eigengewichtes an Wasser binden kann. Guarkernmehl allein eingesetzt führt zu einer gummiartigen Konsistenz und das Eis klebt unangenehm am Gaumen. Beide Bindemittel ergänzen sich, für eine 50:50 Mischung habe ich immer noch keine optimale Dosierung gefunden. Diese Quelle empfiehlt eine Mischung von 3,6 Gramm Guarkernmehl und 2 Gramm Johannisbrotkernmehl (64,3:35,7) und gibt davon 1 g auf 1 kg Eismasse.
Das habe bereits ausprobiert
und war von dem Ergebnis ganz angetan, aber da geht noch ‘was.
Aber Julia meinte gar nicht Lea Linsters Schokoladeneis, sondern Bens Schokoladeneis, das zusätzlich auch noch Eigelb enthält. Der Blick auf die Rezeptur ließ mich dann doch schnappatmen:
Sprengt doch diese Rezeptur alle Empfehlungen, die ich bislang für die Eisherstellung gelesen hatte: 50 % Trockensubstanz und dazu 2 Eigelb auf 640 g Eismasse statt auf 1 kg. Womit die Theorie, dass die Eiscremes in den USA fettreicher als in Deutschland sind, als bewiesen angesehen werden kann.
Das Lecithin aus dem Eigelb wirkt als natürlicher Emulgator und verbessert die Verteilung der Flüssigkeit in dem Fett, das Eis wird nicht so fest wie ohne Ei. Die gleiche Wirkung hat bei industriell hergestelltem Eis der Emulgator E 471, der gerne auch dem fettärmeren Fruchteis zugesetzt wird.
Den Unterschied habe ich schon selbst bei Vanilleeis ohne Ei und Vanilleeis mit Ei feststellen können.
Fett verleiht dem Eis eine sahnige, cremige Konsistenz, das auch die Volumenzunahme beim Rühren unterstützt. Dabei hat die untergerührte Luft drei Funktionen:
- Sie bildet kleine Luftblasen, die das Eis beim Gefrieren weicher werden lässt
- Die Kälteempfindung beim Verzehr wird reduziert
- Das Volumen wird erhöht
Lange Rede kurzer Sinn: Wer cremiges Eis haben will, kann an mehreren Stellen schrauben, sollte aber Bedenken, dass jede weitere Zutat eine eigene Auswirkung auf das Eis hat. Jede(r) muss für sich selbst entscheiden, welche Zutaten sie/er in seinem selbstgemachten Eis überhaupt haben will.
Ich denke DIE optimale Zusammensetzung für sein Eis muss jeder selbst herausfinden. Hier geht es zu den Eiscreme-Rezepten bei Küchenlatein.
langsam kommt die Zeit, wo man sich wieder mit Eisherstellung befassen muss. Kommt in die link-sammlung.
Ich habe die Saison ja schon länger eröffnet, dieses Jahr geht Erdbeereis besonders gut…
Wow, ich bin beeindruckt. Vielen Dank! Jetzt fehlt mir nur noch die Eismaschine. ;-)
Liebe Grüße,
Eva
Liebe Eva, das ist doch einfach, Computer an, Bestellbutton drücken, und abwarten ;-) Aber nimm eine mit Kompressor
Vielen lieben Dank für diesen sehr informativen Beitrag!
Hast du schon mal mit Vollmilchpulver experimentiert? Damit müsste man ja auch die Trockenmasse erhöhen können oder?
Nein, habe ich noch nicht, das erhöht auch den Trockenmassegehalt. Ich habe jetzt das Erdbeer-Eis mit Créme fraîche modifiziert, 160 Gramm Zucker, 80 Gramm Traubenzucker und 1 g Guarkern-/Johannisbrotmehlgemisch(64,3:35,7). Ergebnis: In meiner Eismaschine friert es nicht mehr am Rand fest, sondern es ist nur noch “Softeis”. Jetzt ruht es in der Truhe und ich bin auf das Ergebnis gespannt.
Uuuuund?? Wie war das Ergebnis?? *neugierigbin*
Cremig und ohne spürbare Eiskristalle, großes Lob von meinen drei Herren!
Der Beitrag war überaus interessant für mich. Herzlichen Dank dafür.
Viele Grüße
Birgit
Sehr interessant, deine Tips werde ich beim nächsten Eis mal testen.
In diesem Jahr habe ich noch keins gemacht, aber jetzt bin ich bereit.
Die Erdbeerfelder warten schon, ganz lecker finde ich auf Piztazieneis.
Werde berichten, der Kübel von der Eismaschine wandert schon mal in
den Gefrierschrank.
Lieben Gruß
Dagmar
Zum Selbstpflücken ist es ja noch ein wenig früh, aber ich bin ein guter Kunde der “Erdbeerbuden”
Hier ( rund ums Steinhuder Meer ) pflücken die Leute schon wie verrückt….
Heute hat es mit dem Pflücken leider nicht geklappt und morgen ist eine Radtour
ums Steinhuder Meer geplant, somit wird es Montag erst auf’s Feld gehen. Aber der
Kübel von der Eismaschine steht schon im Froster.
Wünsche dir noch einen schönen Pfingstmontag.
Lieben Gruß
Dagmar