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Projekt Ochse: Ab auf die Weide

Es ist ja schon eine Weile her, dass ich über das Projekt Ochse hier bei Küchenlatein berichtet habe. Am 5. November im letzten Jahr kamen die beiden Ochsen in den Stall

Brownie und Earl Grey im Stall

und knapp 2 Monate später stand Brownie nicht mehr auf und hatte dicke Gelenke. Ein Rind, das nicht mehr aufsteht, ist ein Fall für den Tierarzt und kann nicht mehr gegessen werden. So etwas passiert immer wieder, Respekt für die Landwirte, die jeden Tag mit diesem Risiko leben.

Earl Grey erfreut sich nach wie vor bester Gesundheit und sollte wieder auf die Weide. Dazu lud mich das Team Hof Hadenfeldt ein,

Team Hof Hadenfeldt

damit ich das Ganze auch bildlich festhalten konnte. Earl Grey wartete schon im Hänger,

Ab auf die Weide:Earl Grey im Hänger

kritisch beäugt von zwei Färsen, mit denen er sich die Weide nun teilen sollte. Dann ging die Anhängerklappe auf und es ging

ab auf die Weide

Die Färsen erschraken so stark, dass sie die Flucht über den Stacheldrahtzaun antraten, während sich Earl Grey stolz präsentierte.

Earl Grey von der Seite

Nach kurzer Zeit waren die stürmischen „Mädels“ wieder eingefangen und betrachteten den Ochsen aus respektvoller Distanz,

Färsen im respektvollen Abstand

um dann kurze Zeit später

Ab auf die Weide - Scheinfrieden

einen kurz Frieden zu schließen. Danach wurde noch ein wenig gerangelt,

Ab auf die Weide - Gerangel (1)

Ab auf die Weide - Gerangel (2)

aber dann standen alle drei friedlich auf der Weide.

Earl Grey mit seinen jungen Damen

Ganz schön groß geworden, oder?

Earl Grey 2015 Earl Grey 2017

Rinderzunge mit Kardamompflaumen

Earl Grey und Brownie

Earl Grey und Brownie

wachsen und gedeihen. Damit sie das können, fressen sie den ganzen Tag Grünzeug.

Earl Grey beim Fressen

Mit der Zunge wird das Gras abgerupft und ohne viel zu kauen, heruntergeschluckt. Das Gras landet jetzt im Pansen, wo es von Bakterien und anderen Mikroorganissmen zersetzt wird. Vom Pansen wandert die zersetzte Nahrung in den Netzmagen. Hier wird der vorverdaute Speisebrei sortiert. Zu wenig zerkleinerte Nahrungsteile befördert er portionsweise durch die Speiseröhre zurück in das Maul. Jetzt wird die Nahrung ein zweites Mal gekaut – daher stammt auch der Begriff „Wiederkäuen“ – und geschluckt.
Die genügend zerkleinerte Nahrung gelangt vom Netzmagen in den Blättermagen. Hier wird dem Speisebrei Wasser entzogen. Die eigentliche Verdauung der Nahrung erfolgt im letzten der vier Mägen, dem Labmagen.

So eine

Rinderzunge

©Brownies Rinderzunge

zählt zu den Innereien und besteht vorwiegend aus Muskelgewebe, das bei der Zunge besonders zart und von mildem, aber typischem Geschmack ist. Beim Schlachter muss man Zunge extra vorbestellen, weil viele Verbraucher gar nicht wissen, wie man die zubereitet oder aber gruseln sich schon bei dem Gedanken. Nun, wer sich Ochsen hält, sollte alles vom Tier verwenden und essen und dazu gehören eben auch Innereien. Ich habe mir eine gepökelte und geräucherte Rinderzunge bestellt und sie im Slowcooker zu

Rinderzunge mit Kardamomplaumen

Rinderzunge mit Kardamompflaumen (1)

nach einem Rezept von Vincent Klink verarbeitet. Er nimmt eigentlich Zwetschgen und die Zungenmenge betrug nur etwa 500 Gramm. Uns hat es sehr gut geschmeckt, die restliche Zunge genossen wir in Scheiben auf Brot. Die Zunge war butterzart.

Rinderzunge mit Kardamompflaumen

Menge: 2 Portionen

©Rinderzunge mit Kardamompflaumen (1)

Rezept für Rinderzunge, die oft als Fleischteil verschmäht wird. Hier wird sie von Kardamompflaumen begleitet.

Zutaten:

  • 1 Zwiebel
  • 2 Nelken
  • 1 Lorbeerblatt
  • 1 Rinderzunge, gepökelt und geräuchert (ca. 1500 g)
  • 6 Pfefferkörner
  • Etwas Salz
  • 500 Gramm Pflaumen,entsteint; Original Zwetschgen
  • 1 Zitrone, der Saft einer Hälfte und die Schale
  • 1 Teel. Speisestärke
  • 250 ml roter Portwein
  • 1 Essl. Zucker
  • Etwas Pfeffer
  • 1/2 Teel. Kardamom
  • 1 Sardelle, eingelegt
  • 80 ml Weißwein
  • 1 Teel. Apfelessig
  • 3 Essl. Olivenöl

QUELLE

abgewandelt von nach:
Vincent Klink in ARD Buffet 25. August 2010 09.08.2023 **

ZUBEREITUNG

  1. Die Zwiebel schälen und mit Nelken und einem Lorbeerblatt spicken. Die Zunge in einen Topf mit soviel Wasser geben, dass sie gerade bedeckt ist, einmal aufkochen, die gespickte Zwiebel und Pfefferkörner (kein Salz!) dazugeben und köcheln lassen. Nach einer halben Stunde das Wasser probieren, wirkt es versalzen noch etwas Wasser hinzugeben, ist es zu fad etwas Salz zugeben. Die Zunge ca. noch 1 – 1,5 Stunden kochen. Für den Gartest eine Fleischgabel an der dicksten Stelle tief einstechen, wenn sich diese ganz leicht herausziehen lässt, ist die Zunge gar. Die Zunge in eine Schüssel mit kaltem Wasser geben, die dicke Haut abziehen und lauwarm abkühlen lassen.
  2. Die Zwetschgen waschen, abtropfen lassen, halbieren und entkernen. Zitrone heiß abwaschen, trocknen und etwas Schale abreiben, dann halbieren und aus einer Hälfte den Saft auspressen. Stärke mit 1 EL Portwein vermischen. Portwein mit Zucker, Zitronenschale, Zitronensaft, etwas Pfeffer und Kardamom in einen Topf geben und aufkochen. Die aufgelöste Stärke einrühren, aufkochen und die Zwetschgen untermischen. Kurz kochen, den Topf vom Herd ziehen und etwas abkühlen lassen.
  3. Die Zunge in dünne Scheiben schneiden, fächerförmig auf den Tellern auslegen.
  4. Sardelle fein hacken und mit Weißwein, Essig und 3 EL Olivenöl gut vermischen. Mit Pfeffer und Salz abschmecken. Die Zungenscheiben mit dem Dressing beträufeln. Die Zwetschgen in die Tellermitte geben und servieren. Dazu passt Baguette.

FÜR DIE ZUBEREITUNG IM SLOWCOOKER wie in Schritt 1 verfahren, jedoch die Zunge mit der gespickten Zwiebel in den Keramikeinsatz des Slowcookers geben und 8 – 10 h auf LOW garen.
Rinderzunge Collage
Gesamtzeit: 3 Stunden
Vorbereitungszeit:15 Minuten
Koch-/Backzeit: 2 Stunden
ZUBEREITUNG IM SLOWCOOKER 10 h
Topfgröße: 3,5 L; Ulrike: Rival Crock-Pot, 3.5 Liter*

 
 
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** 09.08.2023 https://www.swr.de/buffet/guten-appetit/-/id=6747560/property=download/nid=257024/1rrjq38/index.pdf nicht mehr verfügbar

With nose and tail: Earl Grey und Brownie #Projekt Ochse

Mit Kollegin Gesche – Landwirtsgattin – bin ich befreundet und so treffen wir uns auch außerhalb der Arbeitszeit. Wie zum Bespiel letztes Jahr im September, als wir das Café Viktoria Luise in Rendsburg besuchten. Beim Spaziergang am

Nord-Ostsee-Kanal

Spaziergang am Kanal September 2015

und an der

Eider

Spaziergang Eider September 2015

kamen wir vom Hölzchen übers Stöckchen und ich bekundete, noch nie bewusst Ochsenfleisch gegessen zu haben. Gesche berichtete, sie hätten schon einmal Ochsen gemästet und eigentlich hätte sie Lust, das noch einmal zu tun, wenn da nicht das finanzielle Risiko und das Vermarktungsproblem wäre. Auf dem Hof wären gerade Bullenkälbchen geboren und die könne man ja zum Ochsen machen. Ungeachtet des Vermarktungsproblems wurde der Deal per Handschlag besiegelt und seit September 2015 ich bin zu 50 Prozent an dem Projekt Ochse mit

Earl Grey und Brownie

Earl Grey und Brownie Projekt Ochse

mit allen Risiken und Nebenwirkungen beteiligt. Earl Greys Vater ist ein Charolais, der von Brownie ein Shorthorn. Im April dieses Jahres mussten wir dann die Entscheidung treffen, ob wir das Projekt Ochse wirklich durchziehen wollen. Dem Problem „Vermarktung“ konnten wir noch ausweichen, aber die Entscheidung zur Kastration musste fallen. So rückte der Tierarzt an und machte die Bullen zu Ochsen…

©Kastration

Bei der unblutigen Kastration wird das Tier betäubt und die Samenstränge werden mit einer Zange abgebunden, umgangssprachlich nennt man das auch „kneifen“. Beide Tiere haben die Prozedur gut überstanden, denn schon eine Woche später durften die beiden auf die Weide.

Weideaustrieb Collage

Nachdem ich dieses Bild bei Facebook postete, hatten wir auch schon die erste Kundin, wenn die Tiere schlachtreif sind. Aber erst einmal müssen die beiden „groß und stark“ werden.

Wenn Gesche mit der Futterdose klappert, kommen die beiden angelaufen.

Earl Grey und Brownie am Futtertrog

Für das Winterfutter wurde auch schon gesorgt, es gibt Heu und gequetschten Weizen.

Winterfutter Collage

Dank der 7-Tage-Woche eines Landwirtes dürfen Earl Grey und Brownie auch schon von dem Heu naschen, die Heuraufe wurde nämlich auf einem Sonntag aufgestellt.

©Heuraufe

Wie geht es nun weiter?

@Earl Grey und Brownie vor der Hofeinfahrt

Zunächst einmal haben Earl Grey und Brownie für ein Mastrind noch ein relativ langes Leben vor sich und dürfen nach Herzenslust fressen und wiederkäuen. Nach der Kastration nehmen die Tiere weniger an Gewicht zu. Zeit für uns, die Vermarktung zu regeln. Natürlich wollen wir einen Teil selbst essen, aber 1,2 Tonnen Schlachtgewicht sind dann doch reichlich. Uns schwebt vor, Pakete wie bei Kauf ’ne Kuh anzubieten. Dazu müssen wir aber erst einmal einen Schlachter als Partner gewinnen.

Es ist uns wichtig nicht nur „ein Stück Fleisch“ anzubieten, sondern das Tier „from nose to tail“ zu verwerten. Der Begriff „Nose to Tail“ wurde übrigens von dem Briten Fergus Henderson geprägt, der in seinem renommierten Londoner Restaurant „St. John“ seit der Eröffnung 1994 darauf setzt, das ganze Tier zu verwerten. Zu diesem Thema gibt es sein Nose to Tail * in deutscher Übersetzung.

Dazu werde ich auf diesem Blog weitere Rezepte veröffentlichen, wie weniger „beliebte“ Teile zubereitet werden. Bislang ist es mir aber noch nicht gelungen, z.B. Kutteln oder Ochsenmaul käuflich zu erwerben. 4 Landschachter, bei denen ich anfragte, gaben mir die Auskunft, das lande im Tierfutter. Ich bleibe aber weiter am Ball.

An dieser Stelle geht ein besonderer Dank an den Landwirt, der das Projekt seiner Gattin und deren Kollegin so tatkräftig unterstützt, obwohl er eigentlich nichts damit zu tun haben möchte.

Rezepte für Bäckchen, Bein, Brust, Knochen und Schwanz gibt es hier schon auf Küchenlatein:

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